Dass Drogen und Alkohol am Arbeitsplatz für Gefahren sorgen können, ist nicht neu. Durch die Teillegalisierung von Cannabis kam vor einem Jahr eine weitere Herausforderung für Unternehmen hinzu. Daniel Budde, Messtechnik-Experte bei dem Unternehmen Dräger, erläutert im Basi-Interview die Möglichkeiten, einen Rausch bei Mitarbeitenden zu erkennen und Risiken auszubremsen.
Welche spezifischen Herausforderungen haben die Unternehmen, die Sie beraten, seit der Legalisierung von Cannabis in Bezug auf die Sicherheit am Arbeitsplatz?
Budde: Es geht darum, Gefahren für andere zu verhindern, die von Menschen ausgehen können, die Cannabis oder andere Drogen konsumieren. Arbeitnehmende sind ja verpflichtet, ihre Arbeitskraft vollständig erbringen zu können. Wer kifft und danach zur Arbeit erscheint, ist dazu in der Regel nicht in der Lage. Außerdem stellt er ein potenzielles Risiko für Kolleginnen und Kollegen dar. Nehmen Sie einen Mitarbeitenden, der unter Drogeneinfluss ein Flurförderzeug fährt und andere daraufhin verletzt. Das müssen Unternehmen verhindern – was durch bloße Beobachtung von Menschen kaum möglich ist. Nur in seltenen Fällen wird auffallen, dass jemand aufgrund eines Rauschs nicht konzentriert ist oder Erinnerungslücken hat.
Welche Maßnahmen haben sich bewährt, damit Mitarbeitende keine Gefahr darstellen?
Budde: Ich arbeite schon seit fast 18 Jahren mit der Polizei, aber auch mit der Industrie zusammen, um den Konsum von Rauschmitteln am Steuer oder während der Arbeitszeit festzustellen. Es gibt die Möglichkeit, Substanzen im Blut oder im Urin nachzuweisen. Neu ist jedoch die Möglichkeit eines Speicheltests – ähnlich demjenigen, den wir aus der Corona-Zeit kennen. Dabei wird mit einem Probenehmer etwas Speichel bzw. Flüssigkeit aus der Innenseite der Wange entnommen. Diese Tests zeigen zuverlässig, ob Drogen-Wirkstoffe im Körper vorhanden sind. Denn es geht ja nicht darum, ob dies am Abend vorher in der Freizeit geschehen ist. Die Speicheltests haben sich als zuverlässig für solche kurzfristigen Beurteilungen erwiesen. Fünf bis sechs Substanzen sind nach fünf Minuten nachweisbar und bei Unsicherheiten kann nochmals getestet werden. Das Verfahren lässt sich auch durch Mundspülungen oder Ähnliches nicht beeinflussen und stellt daher aus meiner Sicht einen sinnvollen Technologiewechsel dar.
Wie und wann können Speicheltests in Unternehmen eingesetzt werden?
Budde: Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt die Möglichkeit, Menschen zu testen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie nicht arbeitsfähig sind. Manche Unternehmen testen aber auch nach dem Zufallsprinzip alle Mitarbeitenden – oder sie tun dies bei Schichtbeginn, zum Beispiel bevor die Mitarbeitenden eine große Baustelle betreten. Nach einem Unfall kann mithilfe des Messverfahrens festgestellt werden, ob dabei Drogen im Spiel waren. Wenn es darum geht, Risiken in gefährlichen Bereichen wie etwa in Ölraffinerien oder Kernkraftwerken zu verhindern, dann geschieht dies meist über Zugangskontrollen mit entsprechenden Messungen.
Gibt es in diesem Zusammenhang Schulungen oder Aufklärungsprogramme?
Budde: Wenn ein Unternehmen solche Tests einsetzen will, ist auf jeden Fall eine Betriebsvereinbarung notwendig – der Betriebsrat muss zustimmen. Auch muss ein Plan B überlegt werden, falls Mitarbeitende sich nicht mit einer solchen Messung einverstanden erklärt. Dann gibt es die Möglichkeit, ihn freizustellen, wenn man berechtigte Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit hat. Die Tests selbst sind keine Medizinprodukte und unterliegen deshalb keiner Regulierung durch den Arbeitsschutz. Die Anwendung erklärt sich von selbst und es gibt Videos dazu, doch die Anwender können auf Wunsch auch eingewiesen werden. Mithilfe von Apps können die Testergebnisse dokumentiert werden.
Haben sich die Unfallstatistiken und Sicherheitsvorfälle in den Betrieben seit der Teillegalisierung von Cannabis verändert?
Budde: Dazu haben wir bisher keine genauen Zahlen – wir wissen aber, dass seitdem fünf bis zehn Prozent der Menschen im Straßenverkehr positiv auf Cannabis getestet werden. Und wir können davon ausgehen, dass eine Reihe von diesen Personen entweder zu ihrem Arbeitsplatz unterwegs ist oder von dort kommt.
Weitere Auskünfte finden sich auf den Seiten der BGRCI (Berufsgenossenschaft Rohstoffe und Chemische Industrie)