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Die Basi im Dialog: „Ängste nehmen, Arbeitsschutz anpassen“ – Bürokratieabbau im Fokus

Nicht jede neue Herausforderung im Arbeitsleben braucht sofort eine neue Regel. Manchmal reicht ein Blick ins bestehende Regelwerk – ob Arbeitsschutz, Brandschutz oder andere Bereiche – um festzustellen: Es gibt bereits gute Grundlagen, die sich mit etwas Pragmatismus und gesundem Menschenverstand an neue Situationen anpassen lassen. Diese Gedanken standen im Zentrum der digitalen Veranstaltung „Die Basi im Dialog“. Dr. Christian Felten, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi), begrüßte Stefan Ganzke, Arbeitsschutzpraktiker und Geschäftsführer der WandelWerker Consulting GmbH aus Wuppertal, als Gesprächspartner.

Rund 300 Teilnehmende verfolgten die Diskussion online und beteiligten sich über interaktive Formate wie Slido-Umfragen, Wortwolken und digitale Fragerunden. Die Resonanz war groß, das Interesse spürbar – und die Fragen aus dem Publikum zeugten von hoher Praxisrelevanz.

Zu Beginn ging es darum, ob es im Arbeitsschutz zu viel überflüssige Bürokratie gibt. Die Antwort des Publikums war eindeutig: Ja. Die Dialogpartner analysierten im Gespräch, dass viele der bürokratischen Anforderungen nicht direkt aus staatlichen Regelungen stammen, sondern in den Betrieben selbst entstehen – oft aus dem Wunsch heraus, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Die Angst, im Ernstfall angreifbar zu sein oder rechtliche Konsequenzen zu spüren bekommen, führe zu einer Überdokumentation, die nicht immer zur Sicherheit beitrage. Stefan Ganzke berichtete von seiner Erfahrung, dass gerade größere Unternehmen mit internationalen Einflüssen dazu neigen, zusätzliche bürokratische Strukturen aufzubauen – häufig ohne echten Mehrwert für die Prävention.

Im zweiten Teil der Veranstaltung ging es darum, welche Regelungen tatsächlich notwendig sind und welche auf den Prüfstand gehören. Die Teilnehmenden konnten über Slido abstimmen, welche Vorgaben sie gern unter die Lupe nehmen lassen würden. Die Ergebnisse zeigten ein klares Bild: Die Verfahren der Behörden zur Erstellung neuer Verordnungen und Regeln sollten überdacht werden. Aber auch Prüf- und Dokumentationspflichten, die Bestellung von Beauftragten und die Erfassung psychischer Belastungen wurden kritisch gesehen. Die Gefährdungsbeurteilung für das Homeoffice wurde ebenfalls als Beispiel genannt, bei dem Umsetzung und Nutzen nicht immer im Verhältnis stehen.

Die Diskussion zwischen Felten und Ganzke ergab, dass viele Gesetze und Regelungen aus Sicht der Experten sinnvoll sind – aber nicht immer in ihrer aktuellen Form. So wurde etwa die Pflicht zur Einberufung eines Arbeitsschutzausschusses in Betrieben ab 20 Mitarbeitenden hinterfragt. Auch die jährlichen Unterweisungen für alle Arbeitsmittel wurden als häufig schwierig umsetzbar beschrieben. Beide plädierten für einen evidenzbasierten und risikoorientierten Ansatz: Neue Regelungen sollten nur dann eingeführt werden, wenn sie auf belastbaren Daten beruhen und einen tatsächlichen Bedarf adressieren.

Im dritten Teil der Veranstaltung wurden konkrete Lösungsansätze diskutiert. Dr. Felten schlug vor, bei der Erstellung einer Regel schon im Vorwege zu prüfen, ob sie tatsächlich benötigt werde. Während des Vorgangs der Erarbeitung sei es dann sinnvoll, die Regel immer wieder mit der Wirklichkeit abzugleichen und gegebenenfalls anzupassen. Stefan Ganzke betonte, wie wichtig es sei, Führungskräften die Angst zu nehmen, nicht alles perfekt umzusetzen. Viele Unternehmen wollten es gut machen – bräuchten dafür aber auch Freiräume und eine individuelle Orientierung, die zu den jeweiligen Gegebenheiten passt. Dr. Felten sprach sich für eine bessere Nutzung der Spielräume aus, die die EU-Rahmenrichtlinie bereits biete. Auch könnten die Sozialpartner stärker beteiligt werden. Darüber hinaus müsse die Kommunikation zwischen Betrieben und Behörden einfacher werden – etwa durch digitale Schnittstellen und transparente Verfahren.

In die abschließende Wortwolke brachte das Publikum Ideen für den Bürokratieabbau ein. Auffällig häufig genannt wurden Begriffe wie „Digitalisierung“, „gesunder Menschenverstand“ und „Pragmatismus“. Diese Schlagworte spiegelten den Wunsch wider, Arbeitsschutz nicht nur regelkonform, sondern auch praxisnah und effizient zu gestalten. Weitere Impulse betrafen den Einsatz von KI bei Gefährdungsbeurteilungen, die digitale Bereitstellung von Dokumenten für Aufsichtsbehörden und die bessere Nutzung von Ermessensspielräumen. Die anschließende Fragerunde zeigte, wie sehr das Thema die Praxis bewegt. Viele Teilnehmende nutzten die Gelegenheit, eigene Erfahrungen zu schildern und gezielt nachzufragen. Es wurde nach konkreten Reformvorschlägen gefragt, die Bürokratie abbauen, ohne die Sicherheit zu gefährden. Auch die Rolle von Künstlicher Intelligenz im Arbeitsschutz wurde diskutiert – etwa bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen.

A+A Kongress 2025

Das Thema Bürokratie im Arbeitsschutz wird auch beim A+A Kongress 2025 vom 4. bis 7. November in Düsseldorf weiter diskutiert. Der Kongress bietet Raum für den fachlichen Austausch, die Vorstellung konkreter Lösungsansätze und die Weiterentwicklung praxisnaher Strategien. Expertinnen und Experten, Unternehmen und Institutionen kommen zusammen, um gemeinsam Wege zu einem modernen, wirksamen und zugleich praktikablen Arbeitsschutz zu entwickeln. Weitere Informationen sowie das ständig aktualisierte Kongressprogramm finden sich auf den Kongress-Seiten der Basi .

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